Ein Verkehrsunfall kann ein einschneidendes Erlebnis sein. Das gilt sowohl für die direkt vom Unfall Betroffenen (Unfallbeteiligte) als auch für nur indirekt betroffene Personengruppen.
Kommt ein Mensch im Straßenverkehr zu Tode, so sind davon durchschnittlich 113 Personen unmittelbar betroffen: Angehörige, Freunde und Bekannte sowie die Einsatzkräfte am Unfallort.
„Wenn ein Mensch bei einem Verkehrsunfall stirbt, sind durchschnittlich elf Familienangehörige, vier enge Freunde, 56 Freunde und Bekannte nachhaltig betroffen sowie 42 Einsatzkräfte wie Rettungssanitäter, Feuerwehrkräfte oder Polizisten mit diesem schweren Schicksal konfrontiert.“ (DVR Report, Fachmagazin für Verkehrssicherheitsarbeit, 2/2017, S. 8). Diese Durchschnittswerte wurden im Rahmen der BMVI/DVR-Kampagne „Runter vom Gas“ auf Basis einer repräsentativen Erhebung durch infratest dimap, Kantar Public und das Sozioökonomische Panel (SOEP) sowie über Angaben der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPOL) und des Deutschen Feuerwehrverbands (DFV) ermittelt.
Wenn Sie selbst einen Verkehrsunfall erlebt haben (Unfallbeteiligte oder Unfallbeteiligter), ist das Risiko besonders groß, psychisch zu erkranken. Einer wissenschaftlichen Studie zufolge leidet jede und jeder vierte Schwerverletzte unter ernstzunehmenden psychischen Beeinträchtigungen1. Aber auch Unfällen mit weniger schweren Folgen können zu dauerhaften psychischen Belastungen führen. Ob und welche Beschwerden sich entwickeln, hängt stark von der Person selbst und ihrem Erleben der Unfallsituation ab sowie von der Unterstützung, die sie nachfolgend erhält.
Sollten Sie bei sich (oder eine Ihnen nahestehende Person) Veränderungen in der Stimmung oder im Verhalten feststellen, sollten Sie diese Beschwerden ernst nehmen. Zur ersten Orientierung können Sie den Trauma-Check dieser Website nutzen. Belastende und/oder anhaltende Symptome sollten Sie in jedem Fall diagnostisch durch eine Fachperson abklären lassen (Hilfefinder).
Auch das Miterleben eines Unfalls als Zeuge und Zeugin oder Laienhelfer und Laienhelferin (Erste Hilfe) kann traumatisierend sein. Sollten Sie oder andere bei sich psychische Beschwerden feststellen (nutzen Sie den Trauma-Check für eine erste Orientierung), nehmen Sie diese ernst und kontaktieren Sie eine Fachperson, um die Symptomatik abklären zu lassen (Hilfefinder).
Wenn Sie beruflich mit Verkehrsunfällen konfrontiert werden, z. B. durch Ihre Tätigkeit bei der Polizei, der Feuerwehr oder beim Rettungsdienst, können Sie psychisch erkranken. Oftmals haben die jeweiligen Institutionen Präventionsmaßnahmen und Beratungsangebote etabliert, um die Betroffenen zu unterstützen. Häufig werden solche Angebote unter dem Begriff Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) zusammengefasst.
Auch Angehörige können nach einem Unfallereignis einer ihr nahestehenden Person deutliche Belastungszeichen aufzeigen. Dazu gehören z. B. Hilflosigkeit, Verzweiflung oder das Gefühl, neben sich zu stehen. Gleichzeitig ist die Sorge um die möglicherweise schwerverletzte Person zusätzlich belastend. Die eigenen Bedürfnisse werden häufig kaum berücksichtigt. In einer solchen Situation können Ihnen andere Familienmitglieder, Freunde und Bekannte eine wichtige Stütze sein. Aber auch der Weg zu einer Beratungsstelle oder einer Psychotherapie kann hilfreich sein (Hilfefinder).
Auch Klinikpersonal, Beschäftigte von Versicherungen sowie Juristinnen und Juristen müssen sich mit Verkehrsunfällen und ihren Folgen intensiv auseinandersetzen. Ein fundiertes Wissen zum Thema „psychische Unfallfolgen“ ist die Voraussetzung, um sensibel und angemessen auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen zu können. Aber auch für diese Berufsgruppen selbst ist es wichtig, einen guten Umgang mit den Belastungen der täglichen Arbeit zu finden, um der Entstehung von psychischen Problemen entgegenzuwirken. Gelingt diese Bewältigung nicht mehr, ist es entscheidend, sich rechtzeitig Hilfe zu holen (Hilfefinder).
1 AUERBACH, K. (2014). Psychische Folgen von Verkehrsunfällen. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Unterreihe Mensch und Sicherheit (M 245). Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.